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11/04/2017
Sammelband zur Luther-Tagung in Erfurt erschienen

Wurzeln, Wege und Wirkungen der Reformation

Sammelband zur Luther-Tagung in Erfurt erschienen

Paderborn (pdp). Im September 2014 luden die Katholisch-Theologische Fakultรคt der Universitรคt Erfurt und das Johann-Adam-Mรถhler-Institut fรผr ร–kumenik in Paderborn zu einer Luther-Tagung ins Augustinerkloster Erfurt ein, in dem Martin Luther lebte. Als Ergebnis der Tagung ist jetzt ein Sammelband mit dem Titel โ€žLuther: Katholizitรคt und Reform. Wurzeln โ€“ Wege โ€“ Wirkungenโ€œ erschienen. Die Herausgeber โ€“ Professor Dr. Wolfgang Thรถnissen, leitender Direktor des Mรถhler-Instituts, Professor Dr. Josef Freitag, Professor fรผr Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultรคt Erfurt, und Pater Dr. Augustinus Sander OSB, Novizenmeister im Benediktinerkloster Maria Laach โ€“ nรคhern sich in Kooperation mit der Evangelischen Verlagsanstalt in Leipzig dem Phรคnomen โ€žLutherโ€œ an. Erschienen ist der Tagungsband im Bonifatius-Verlag in Paderborn.

Gehen in ihrem neuen Sammelband den Wurzeln und Wirkungen Martin Luthers auf die Spur (v.l.): Professor Dr. Wolfgang Thรถnissen, Pater Augustinus Sander OSB und Professor Dr. Josef Freitag. Foto: Maria AรŸhauer/pdp

Vom 21. bis 25. September 2014 trafen sich 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus lutherischen und katholischen Kirchen vieler Lรคndern, besonders aus den USA, Skandinavien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, ร–sterreich, Polen und Deutschland, Theologinnen und Theologen vieler akademischer und universitรคrer Einrichtungen und Institutionen, Verantwortliche aus den Kirchen, ร–kumenereferenten und Ordensleute zu der Tagung im Erfurter Augustinerkloster. Hier legte Martin Luther seine Profess ab, hier trieb er seine theologischen Studien voran, hier feierte er seine Primiz und sammelte erste Erfahrungen im Ringen um Reformen.

โ€žFรผr Katholiken war Martin Luther als der Reformator jahrhundertelang Hรคretiker und Kirchenspalter. Seit dem pรคpstlichen Bann von 1521 galt er nicht mehr als Katholik. Erstmals Ende des 19. Jahrhunderts begannen katholische Theologen eine vorsichtige Annรคherung an die Person Martin Luthersโ€œ, erklรคrt Prof. Dr. Wolfgang Thรถnissen. Im Ringen um ein katholisches Lutherbild gelang es der katholischen Theologie allmรคhlich, sich von der einseitig polemischen Herangehensweise an Person und Werk Martin Luthers frei zu machen. Befreiend wirkte die These des katholischen Kirchenhistorikers Joseph Lortz, dass Luther in sich einen Katholizismus niedergerungen hatte, der nicht katholisch war. Katholiken konnten Luther als wirklich religiรถsen Menschen und gewissenhaften Beter sehen lernen. Peter Manns nannte Luther im Jubilรคumsjahr 1983 โ€žVater im Glaubenโ€œ. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wรผrdigte Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch im Erfurter Augustinerkloster Luthers leidenschaftliche Gottsuche und sein Zeugnis und seinen Einsatz fรผr Gottes Suche nach dem Menschen.

Die katholische Lutherforschung des 20. Jahrhunderts hat den Weg fรผr eine sachgerechte Auseinandersetzung mit der Person und der Theologie Martin Luthers geebnet. Sie fand einen tief im Denken mittelalterlicher Theologie und des Mรถnchtums eingebetteten Theologen und Professor, der sich in seiner theologischen Arbeit auf die Auslegung der biblischen Schriften konzentrierte. In lebendiger Aufnahme der Kirchenvรคter von Augustinus bis hin zu Bernhard von Clairvaux und geprรคgt durch die monastische Tradition, die er in seinem Orden kennenlernte, entfaltete Luther seine Theologie in Auseinandersetzung mit der scholastischen Theologie seiner Zeit. Gegenรผber der Philosophie des Aristoteles nahm er eine kritische Haltung ein.

โ€žWir wissen heute viel besser, dass Martin Luther mit beiden Beinen in den groรŸen geistigen Traditionen des Mittelalters stand. Ihn verstehen zu wollen, ohne auf diese Wurzeln zurรผck zu gehen, ist schier unmรถglich. Gerade als Reformkatholik ist Martin Luther in seiner Kirche, der lateinischen Kirche des Westens, bleibend verankertโ€œ, so Prof. Dr. Thรถnissen.
In dem Anliegen, die reformbedรผrftige Gestalt der Kirche des beginnenden 16. Jahrhunderts zu erneuern, beschreitet Luther zugleich neue Wege, die in das spรคter so genannte Zeitalter der Reformation hinรผberfรผhrten. Dass sich die Wittenberger Reformbewegung zu einer eigenstรคndigen lutherischen Konfessionskirche entwickelte, ist ein wirkungsgeschichtliches Faktum. โ€žDarin liegt aber auch die รถkumenische Herausforderung, der sich die Luther-Tagung stellen wollte. Die Wirkungen, die von Luthers Handeln und dem der anderen Reformatoren ausgingen, kรถnnen Katholiken und Lutheraner heute gemeinsam besser reflektieren, ohne gegenseitig in Schuldzuweisungen zu verfallen beziehungsweise in ihnen zu verbleibenโ€œ, erlรคutert der leitende Direktor des Johann-Adam-Mรถhler-Instituts fรผr ร–kumenik in Paderborn.

AnstรถรŸe, sich mit diesen katholischen und reformerischen Aspekten im Blick auf die Reformationsdekade zu befassen, gingen zunรคchst von Walter Kardinal Kasper, dem frรผheren Prรคsidenten des Pรคpstlichen Rates zur Fรถrderung der Einheit der Christen, aus. Der jetzige Prรคsident, Kurt Kardinal Koch, unterstรผtzte dieses Vorhaben der Katholisch-Theologischen Fakultรคt der Universitรคt Erfurt und des Johann-Adam-Mรถhler-Instituts fรผr ร–kumenik in Paderborn nachhaltig. So luden beide im September 2014 zur Tagung ins Erfurter Augustinerkloster ein. โ€žDiese Tagung verdankte sich dem Wunsch der katholischen Lutherforschung, einen Beitrag zum Reformationsgedenken im Jahr 2017 zu leistenโ€œ, erinnert sich Prof. Dr. Thรถnissen. Selbstverstรคndlich standen im Hintergrund die Arbeiten der internationalen lutherisch-katholischen Kommission fรผr die Einheit, die 2013 den Bericht โ€žVom Konflikt zur Gemeinschaftโ€œ verรถffentlicht hat. โ€žDie 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben dazu beigetragen, dass es zu einem fruchtbaren und offenen รถkumenischen Austausch รผber Martin Luther gekommen ist. Luther kann zusammenfรผhrenโ€œ, ist sich Prof. Dr. Wolfgang Thรถnissen sicher. (pdp-n-10.04.2017)

Wolfgang Thรถnissen, Josef Freitag, Augustinus Sander (Hgg.): Luther: Katholizitรคt und Reform. Wurzeln โ€“ Wege โ€“ Wirkungen. Bonifatius-Verlag, 327 Seiten, 24,90 EUR
ISBN: 978-3-89710-630-7