Laacher Messbuch
Christkönigssonntag
23. November 2025
Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist,
Macht zu empfangen,
Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre.
Ihm sei die Herrlichkeit und die Herrschermacht in Ewigkeit.
Offb 5,12; 1,6
In seinem Roman »Der vierte König« erzählt der deutsche Schriftsteller Edzard Schaper (1908–1984) die gleichnamige Legende vom vierten König mit dem Namen Coredan, der sich wie die heiligen drei Könige aufmacht, um dem neugeborenen Gottessohn zu huldigen. Doch der Weg dieses Königs verläuft nicht so geradlinig, wie bei den drei Kollegen aus dem Morgenland: Er wird auf seiner Reise immer wieder aufgehalten und muss seine kostbaren Gaben, die für jenen neugeborenen König bestimmt sind, anderweitig einsetzen. Seine Gaben verwandelt er dabei in sieben Werke der Barmherzigkeit, um Menschen in schwierigen Lebenssituationen helfen zu können, in welche hinein der Stern ihn immer wieder geführt hatte. Am Ende hat er nichts mehr in seinen Händen. Als Coredan nach drei Jahrzehnten der Suche es aufgegeben hat, den König und Gottessohn zu finden, kommt er nach Jerusalem und erblickt den Gekreuzigten auf dem Berg Golgota. In ihm findet er schließlich den, den er sein ganzes Leben lang gesucht hat.
Die Legende vom vierten König. Eine Passionserfahrung. Sie bringt zusammen, was wir heute miteinander feiern: den Christkönigssonntag, der uns in die Begegnung mit dem gekreuzigten Herrn und König führt. Die Legende ermutigt uns, in den Spuren Jesu zu bleiben, die uns einen weiten Weg führen: von Bethlehem bis hinauf nach Jerusalem. In der Spannweite der Krippe von Bethlehem und des Kreuzes auf Golgota liegt unser ganzes Christsein, nur in ihr kann erkannt werden, was für ein Königskind Jesus Christus ist.
Kyrie-Rufe
Herrscher der Welt: Christus-König.
Kyrie, eleison.
Richter der Welt: Heiland und Erlöser.
Christe, eleison.
Hoffnung der Welt: Friedensfürst und Gottessohn.
Kyrie, eleison.
Gloria
Tagesgebet
Allmächtiger, ewiger Gott, du hast deinem geliebten Sohn alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden und ihn zum Haupt der neuen Schöpfung gemacht. Befreie alle Geschöpfe von der Macht des Bösen, damit sie allein dir dienen und dich in Ewigkeit rühmen. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Erste Lesung
2 Sam 5,1–3Lesung aus dem zweiten Buch Samuel.
In jenen Tagen kamen alle Stämme Israels zu David nach Hebron und sagten: Wir sind doch dein Fleisch und Bein.
Schon früher, als noch Saul unser König war, bist du es gewesen, der Israel hinaus und wieder nach Hause geführt hat. Der HERR hat zu dir gesagt: Du sollst der Hirt meines Volkes Israel sein, du sollst Israels Fürst werden.
Alle Ältesten Israels kamen zum König nach Hebron; der König David schloss mit ihnen in Hebron einen Vertrag vor dem HERRN und sie salbten David zum König von Israel.
Wort des lebendigen Gottes.
IMPULS Eine neue Art von Königsherrschaft kam dort in Bethlehem zur Welt, mit der alle Erfahrung von Königtum gewandelt wird. Mit Jesus und seiner Genealogie aus dem Haus und Geschlechte Davids fängt etwas grundsätzlich Neues an – ja, selbst Gott ist nicht mehr der alte. Er regiert nicht, wie man es sich bis dahin vorgestellt hat, mit einem Zepter von oben herab und unnahbar. Er ist plötzlich ganz dicht an den Menschen, lebt mitten unter uns. Das ist riskant und lebensgefährlich: Er bricht den Stock des Treibers (vgl. Jes 9,4), indem er sich vor Pilatus den Rohrstock in die gefesselten Hände stecken lässt (vgl. Mt 27,29). Den Soldatenmantel macht er zunichte, indem er ihn sich zum Spott umhängen lässt (vgl. Lk 23,11) und mit seinem eigenen Blut tränkt. Das Joch zerbricht er, indem er das Kreuz auf seine Schultern nimmt. Die Vorstellungen eines gottgleichen Königs werden allesamt mit einem Schlag auf den Kopf gestellt: die Vorstellungen Israels nach einer Königsgestalt, wie sie in David vollendet erschien, ebenso wie die aller weltlichen Herrscher in künftigen Zeiten. Der Weg in die Niedrigkeit ist Gottes Weg zur Herrschaft!
Antwortpsalm
Ps 122 (121),1–3.4–5 (Kv: 1b)Kv Zum Haus des HERRN wollen wir gehen. – Kv
Ich freute mich, als man mir sagte: *
»Zum Haus des HERRN wollen wir gehen.«
Schon stehen unsere Füße in deinen Toren, Jerusalem: /
Jerusalem, als Stadt erbaut, *
die fest in sich gefügt ist. – Kv
Dorthin zogen die Stämme hinauf, die Stämme des HERRN, /
wie es Gebot ist für Israel, *
den Namen des HERRN zu preisen.
Denn dort standen Throne für das Gericht, *
die Throne des Hauses David. – Kv
Zweite Lesung
Kol 1,12–20Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Kolossä.
Schwestern und Brüder!
Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Los der Heiligen, die im Licht sind.
Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes.
Durch ihn haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden. Er ist Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.
Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn hin erschaffen.
Er ist vor aller Schöpfung und in ihm hat alles Bestand.
Er ist das Haupt, der Leib aber ist die Kirche. Er ist der Ursprung, der Erstgeborene der Toten; so hat er in allem den Vorrang.
Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles auf ihn hin zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Frieden gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut.
Wort des lebendigen Gottes.
IMPULS Mit dem Kreuz als Königsthron wird sichtbar, dass die übliche Herrschaft nicht etwa nur in einem neuen Gewand erscheint oder die alten Herrscher nur durch einen neuen oder vergleichsweise besseren ersetzt werden. Es wird nicht lediglich ein Herrschaftswechsel inszeniert – die bisherige Herrschaftsstruktur wird durchkreuzt! Mit ihr ist es aus, seit der Erniedrigte der Erhöhte ist. Auf diesen Herrschaftswechsel singt Paulus ein Loblied, den Dankhymnus auf unsere Erlösung durch den gekreuzigten Herrn und Erlöser. Die wahre Macht eines Königs offenbart sich in der Fähigkeit, Anteil zu nehmen, Mitleid zu erweisen und Liebe zu schenken. Die uneingeschränkte Gewalt soll sich in Liebe und Erbarmen erweisen, nicht im Anordnen und Verknechten.
Ruf vor dem Evangelium
Mk 11,9.10Halleluja. Halleluja.
Gesegnet sei, der kommt im Namen des Herrn!
Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt.
Halleluja.
Evangelium
Lk 23,35b–43+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit verlachten die führenden Männer Jesus und sagten: Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte.
Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst!
Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden.
Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns!
Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen.
Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!
Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.
Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.
IMPULS Das Lukasevangelium platziert inmitten seiner Passionserzählung eine eindrückliche Szene, die an die Legende des vierten Königs erinnert: Einer der beiden, die man mit Jesus gekreuzigt hatte, spricht in dieser dunkelsten Stunde seines Lebens ein Wort des Glaubens. Mit Blick auf den Gekreuzigten erkennt dieser – anders als sein Leidensgenosse – im sterbenden Jesus den Urheber und Vollender des Glaubens. Er bindet alle Kraft der Hoffnung an ein Bild, in dem viele Fäden der biblischen Verheißung zusammenlaufen: »Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!« (Lk 23,42). Und das Wort Jesu auf diese Bitte hin offenbart den Christuskönig in der tiefsten Weise seiner Herrschaft: in seiner Barmherzigkeit!
Credo
Fürbitten
Lasst uns zu Jesus Christus beten, unserem Herrn und König, der alle Macht hat im Himmel und auf Erden:
V: Christus, unser König. A: Wir bitten dich, erhöre uns.
– Für die Völker und Staaten unserer Erde und für diejenigen, die über sie herrschen und sie regieren: um Entscheidungen des Friedens, der Gerechtigkeit und der Freiheit.
– Für die christlichen Kirchen und Gemeinschaften: um die Überwindung aller Spaltungen und um Einheit im Glauben.
– Für die Menschen, die durch die Medien die öffentliche Meinung bestimmen und beeinflussen: um Orientierung an den Geboten Gottes, um Wahrheit und Ehrlichkeit.
– Für die Kranken und Notleidenden auf unserer Erde: um hilfreiche Menschen, die sich ihrer annehmen.
– Für unsere Verstorbenen, die in ihrem irdischen Leben an dich als ihren Herrn und Erlöser geglaubt haben: um die Erfüllung ihrer Hoffnung auf das ewige Leben.
Allmächtiger Gott, deinem Sohn Jesus Christus hast du alle Macht und Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde. Er ist unser Herr und König. Dir gilt unsere Ehre, unser Dank und Lobpreis jetzt und in Ewigkeit. Amen.
Gabengebet
Herr, unser Gott, wir bringen das Opfer deines Sohnes dar, das die Menschheit mit dir versöhnt. Er, der für uns gestorben ist, schenke allen Völkern Einheit und Frieden, der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Präfation
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, immer und überall zu danken. Du hast deinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, mit dem Öl der Freude gesalbt zum ewigen Priester und zum König der ganzen Schöpfung. Als makelloses Lamm und friedenstiftendes Opfer hat er sich dargebracht auf dem Altar des Kreuzes, um das Werk der Erlösung zu vollziehen. Wenn einst die ganze Schöpfung seiner Herrschaft unterworfen ist, wird er dir, seinem Vater, das ewige, alles umfassende Reich übergeben: das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Durch ihn rühmen dich Himmel und Erde, Engel und Menschen und singen das Lob deiner Herrlichkeit.
Einladung zum Vaterunser
Mit den Worten unseren Herrn und Königs Jesus Christus beten wir zu Gott, unserem barmherzigen Vater: Vater unser im Himmel …
Einladung zum Friedensgebet
Herr Jesus, Christus-König und Friedensfürst, schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche und schenke ihr nach deinem Willen Einheit, Barmherzigkeit und Frieden: Herr Jesus Christus …
Kommunionvers
Ps 29,10–11Der Herr thront als König in Ewigkeit. Der Herr segne sein Volk mit Frieden.
Schlussgebet
Allmächtiger Gott, du hast uns berufen, Christus, dem König der ganzen Schöpfung, zu dienen. Stärke uns durch diese Speise, die uns Unsterblichkeit verheißt, damit wir Anteil erhalten an seiner Herrschaft und am ewigen Leben. Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn.
Schlusssegen
Im Jahreskreis IDer Herr segne euch und behüte euch; der Herr lasse sein Angesicht über euch leuchten und sei euch gnädig; er wende euch sein Antlitz zu und schenke euch seinen Frieden.
Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn † und der Heilige Geist.
***
Die Aussagen über das Königtum Jesu Christi stehen in den Evangelien (vor allem bei Lukas) in der Kindheitsgeschichte und in den Leidensgeschichten. Hier ist vor allem der Evangelist Johannes hervorzuheben, der in seinem Evangelium von Anfang an stringent die Geschichte einer »Erhöhung« erzählt, die zu ihrem Höhepunkt in dem Moment findet, wo Jesus als der Christus-König auf dem Holz des Kreuzes über die Erde erhöht wird. Und gerade in diesem Moment scheinen die großen Worte des Engels bei der Verkündigung an Maria vom Kreuz Lügen gestraft zu werden. Der Messias, der König der Juden: Aus diesen hohen Titeln sind Spottworte geworden. Die beiden Verbrecher rechts und links sind der verkörperte Hohn auf den Anspruch Jesu. Einer von ihnen aber hat Vertrauen und schenkt dem gekreuzigten Herrn seinen Glauben: »Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!« (vgl. Lk 23,42). In genau dieser Haltung haben die Beter in Israel seit Jahrhunderten zu Gott gerufen. Jesus nimmt das Glaubensbekenntnis des reuigen Verbrechers an und antwortet ihm als König, der Macht hat.
In der Kraft dieser Liebe und des Erbarmens, in der demütigen Haltung des Gottkönigs, sollte die Kirche ihr Marketing aufstellen. Die Kirche braucht heutzutage unbedingt eine marktorientierte Pastoral – nicht, um Glaubenswahrheiten unbedacht über Bord zu werfen oder um sich so irgendeinem Zeitgeist zu unterwerfen, der in Konkurrenz zum Heiligen Geist stünde! Vielmehr muss die Kirche in ihrer Pastoral die Menschen dort abholen, wo sie stehen, und mitnehmen auf den Weg des Heils, der zum erhöhten und am Kreuz verherrlichten Jesus Christus führt. Denn jeder Christ hat durch die Taufe Königswürde empfangen, in der Salbung mit dem Chrisam sogar in der Firmung bestätigt und bekräftigt. Der Heilige Geist wirkt in allen einzelnen Gliedern des Volkes Gottes, wodurch der Glaubenssinn des gläubigen Volkes gestiftet ist. Alle Frauen und Männer in der Kirche sind Königinnen und Könige, und sie sind »Kunden« einer Institution, die ihnen gemäß ihrer Bestimmung eine pastorale Fürsorge geben muss. Diese sollte auf sie abzielen und nicht an ihnen vorbeigehen. Umso mehr ist zu hoffen auf eine Erneuerung der Kirche, damit die Kirche wieder zu einer einladenden Institution wird, in der der Kunde auch wirklich König ist.
Sascha Jung
